Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde, | der 177-seitige Koalitionsvertrag mit dem Titel: „Ein neuer Aufbruch für Europa. Eine neue Dynamik für Deutschland. Ein neuer Zusammenhalt für unser Land“ steht! Die Parteispitzen von CDU, CSU und SPD haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Seit Ende Januar hatten 18 Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themenbereichen getagt. Nun ist der Weg für einen CDU-Sonderparteitag und den Mitgliederentscheid der Sozialdemokraten frei. Beide Parteien wollen so die Ergebnisse mit ihrer Basis beziehungsweise den Delegierten rückkoppeln und sich grünes Licht für eine Koalition geben lassen. In der Arbeitsgruppe „Kommunen & ländlicher Raum“ verhandelten mit Christian Haase MdB sowie Heike Brehmer MdB auch Mitglieder aus dem KPV-Bundesvorstand. Weiterhin wurden die Kommunalen in der CDU/CSU durch den Augsburger Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl vertreten. Insgesamt ist bei den Verhandlungen für Deutschlands Städte, Landkreise und Gemeinden ein gutes Ergebnis erzielt worden. Das hatte sich bei den Sondierungen im Januar schon herauskristallisiert. Im Folgenden haben wir die wichtigsten Aspekte für Sie aus kommunaler Sicht zusammengetragen. Mit herzlichen Grüßen Tim-Rainer Bornholt Hauptgeschäftsführer | | |
Kommunalpolitische Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands (KPV) | | | |
Kommunaler Finanzrahmen | Unter der Überschrift „Stabile Finanzen für unsere Kommunen“ heißt es: „Die grundgesetzlich garantierte Selbstverwaltung sichert den Kommunen die Handlungsfreiheit. Staatliche Leistungen müssen deshalb auch auf der kommunalen Ebene auskömmlich finanziert sein. Es gilt der Grundsatz: Wer eine Leistung veranlasst, muss für ihre Finanzierung aufkommen („Wer bestellt, bezahlt“). Das ist Grundsatz allen politischen Handelns der Koalitionspartner. Wir werden alle bisher kommunal entlastend wirksamen Finanzprogramme fortführen, sicherstellen und zweck- und bedarfsgerecht anpassen. Dazu gehören u. a. die Städtebauförderung sowie die bisherigen Programme im Zusammenhang mit Flucht, Zuwanderung und Integration.“ Der Vertrag sichert zu, die kommunalen Steuerquellen zu sichern. Wir vertrauen darauf, dass, auch wenn es nicht explizit erwähnt wird, damit auch die Beendigung der Solidarpaktumlage zu Lasten der westdeutschen Länder gemeint ist. Es darf da keinen Griff in die kommunalen Kassen geben. Das würde für westdeutsche Kommunen eine dynamisch wachsende Belastung von 3,5 Milliarden Euro ab dem Jahr 2020 bedeuten. Erst vergangene Woche hatte es dazu – erstmalig – eine gemeinsame Erklärung der kommunalen Vereinigungen von CDU, CSU und SPD mit den drei kommunalen Spitzenverbänden gegeben. | | |
Fortsetzung der Bundes-Förderprogramme | Im Finanztableau des Koalitionsvertrages sind acht Milliarden Euro für die Fortsetzung kommunaler wie auch die der Landesprogramme vorgesehen. | | |
Breitbandausbau | Mit der Maßgabe „an die Weltspitze im Bereich der digitalen Infrastruktur“ zu wollen, wurde sich im Bereich Breitbandausbau/Glasfaser auf folgendes verständigt: „Wir gestalten den Weg in die Gigabit-Gesellschaft mit höchster Priorität. Deshalb wollen wir den flächendeckenden Ausbau mit Gigabit-Netzen bis 2025 erreichen. Wir wollen den Netzinfrastrukturwechsel zur Glasfaser. Unser Ziel lautet: Glasfaser in jeder Region und jeder Gemeinde, möglichst direkt bis zum Haus. Schulen, Gewerbegebiete, soziale Einrichtungen in der Trägerschaft der öffentlichen Hand und Krankenhäuser werden wir bereits in dieser Legislaturperiode direkt an das Glasfasernetz anbinden. Dafür ist eine gemeinsame Kraftanstrengung von Telekommunikationsanbietern und Staat erforderlich. Wir gehen von einem öffentlichen Finanzierungsbedarf von 10 bis 12 Mrd. Euro in dieser Legislaturperiode aus, die wir in einem Gigabitinvestitionsfonds verlässlich bereitstellen. Hierfür werden wir die Erlöse aus der Vergabe der UMTS- und 5G-Lizenzen zweckgebunden bereitstellen und bis 2021 im Haushalt sicherstellen, dass das Fördervolumen insgesamt erreicht wird.“ Das Ziel eines flächendeckenden Zugangs zum schnellen Internet für alle Bürgerinnen und Bürger wird mittels eines Rechtsanspruches zum 1. Januar 2025bekräftigt. Die Ausgestaltung soll bis zur Mitte der laufenden Legislaturperiode stattfinden. | | |
Ganztagsbetreuung im Grundschulalter | Der im SGB VIII verankerte Rechtsanspruch auf Betreuung im Grundschulalter (bis 2025) ist familien- und bildungspolitisch ein wichtiger und richtiger Schritt, denn Bedarf und Notwendigkeit sind gegeben. Jedoch ist die Umsetzung des Rechtsanspruchs aus kommunaler Sicht kritisch zu bewerten. Die Position der KPV war immer, dass sich der Anspruch gegen das jeweilige Land und nicht gegen die einzelne Kommune richten muss. Die Verankerung in der landeseigenen Bildungspolitik, die das garantiert hätte, konnte nicht erzielt werden. Umso mehr muss jetzt im Rahmen der Konnexität penibel darauf geachtet werden, dass die Mehrausgaben der Kommunen vollständig auszugleichen sind, denn „wer bestellt, der bezahlt“. Die im Finanztableau aufgeführten zwei Milliarden Euro für die Umsetzung sind nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Neben der noch fehlenden Gebäudeinfrastruktur ist nicht zu erkennen, wie der Bedarf an pädagogisch ausgebildetem Betreuungspersonal auch nur annähernd gedeckt werden kann. | | |
Vom Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen | Die Stärkung des ländlichen Raums und das Ziel der gleichwertigen Lebensverhältnisse überall in Deutschland findet sich in zahlreichen Kapiteln wieder: ob Verbesserung des ÖPNV, flächendeckender Ausbau mit Gigabit-Netzen oder Gewährleistung wohnortnaher ärztlicher Versorgung – dass hier angepackt werden muss scheinen sich alle Parteien bewusst zu sein. Diese Priorisierung ist als besonders positiv zu bewerten. Die Einrichtung einer Kommission zu diesem Zweck ist begrüßenswert. Bei der Besetzung muss dann auch auf ausreichend ‚Kommunale‘ geachtet werden. | | |
Investitionen in unsere Schulen: Ja, aber … | Ambivalent aus kommunaler Sicht ist die Vereinbarung zur Investitionsoffensive für Schulen in Deutschland. Dabei geht es nicht darum, dass kein Bedarf besteht. Die Einfügung von Artikel 104c in das Grundgesetz (Mitfinanzierungskompetenz des Bundes bei Bildungseinrichtungen finanzschwacher Kommunen) hat aber bereits zu einer stärkeren Durchgriffsmöglichkeit des Bundes auf die Kommunen geführt. Denn die Bundesförderung ist auch mit stärkerer Bundeskompetenz bei der inhaltlichen Ausgestaltung und Kontrolle von Förderprogrammen verbunden. Das führt über „goldene Zügel“ letztendlich zu einer Einschränkung der kommunalen Selbstverwaltung. Wenn nunmehr im Zuge der Sondierungen CDU, CSU und SPD vereinbaren, dass die Mitfinanzierungskompetenz des Bundes durch Streichen des Begriffs „finanzschwache“ weiter ausgeweitet werden soll, ist es nur logisch konsequent, dass sich die Finanzierung von Bildungsinfrastruktur in Deutschland an den Kindern festmacht und nicht an der Finanzschwäche von einzelnen Kommunen. Die Verbesserung der kommunalen Investitionskraft wird aber unnötig teuer bezahlt. Dass die Kultushoheit in der Kompetenz der Länder verbleibt, hilft den Kommunen nicht. Aus kommunaler Sicht wäre eine generelle Verbesserung der kommunalen Investitionskraft auf dem Weg der Steuerumverteilung beispielsweise über Umsatzsteuerpunkte zielführender gewesen. Die Prüfung von Maßnahmen im Sinne „der Hilfe zur Selbsthilfe für Kommunen zum Beispiel mit Altschulden und hohen Kassenkrediten“ erscheint auf den ersten Blick als verlockendes Angebot. Es muss aber weiterhin die föderale Grundordnung gelten: Die Kommunen sind Teil der Länder. Es ist nicht Aufgabe des Bundes, eine Lösung für die Altschuldenproblematik einzelner Kommunen in einigen Ländern zu finden und umzusetzen. | | |